PCB und Dioxine in der Universität Tübingen | Arbeitsgruppe PCB |
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Was Sie auf dieser Webseite finden
Allgemeine Informationen zu PCB und Dioxinen, u.a. über Grenzwerte, medizinische Studien und Sanierungsvorschriften. Zusammenfassend haben wir in einer Tabelle die derzeit gültigen rechtlichen Grenzwerte sowie die nach aktuellem Stand der Wissenschaft tolerablen Grenzkonzentrationen aufgeführt.
Informationen zur PCB- und Dioxinbelastung in der Universität Tübingen. Ein Info-Blatt (PDF 12 kB) (z.B. zum Auslegen) fasst die wichtigsten Punkte auf einer Seite zusammen. Die Chronologie gibt einen Überblick über die wichtigsten Messungen und ihre Ergebnisse.
Mit dem PCB-Rechner können Sie berechnen, wie lange Sie sich in einem belasteten Raum aufhalten dürfen, wenn Sie eine vorgegebene PCB-/Dioxin-Belastung nicht überschreiten wollen.
Der Anlass: PCB und Dioxine in Gebäuden der Universität Tübingen
Im Juli 2001 wurde in einem Universitätsgebäude auf der Morgenstelle eine starke Belastung der Luft mit PCB (polychlorierten Biphenylen) festgestellt. Es folgten weitere Messungen und die Untersuchung von Materialproben. Deckenplatten und Dehnungsfugen wurden als wichtigste Quellen der PCB-Belastung identifiziert. Ihnen war PCB als Flammschutzmittel bzw. als Weichmacher zugefügt worden. Die Verwendung von PCB ist seit 1989 verboten. Seit Ablauf einer Übergangsfrist im Jahr 1999 gilt, dass PCB-haltige Stoffe zu melden und als Sondermüll zu beseitigen sind.
Die PCB-Messwerte auf der Morgenstelle liegen unterhalb des
Interventionswerts der PCB-Richtlinie. Sofortige Sanierungsmaßnahmen sind daher
baurechtlich nicht vorgeschrieben. Die Messwerte liegen jedoch in vielen Räumen
weit über dem Vorsorgewert, so dass längerfristig eine Gesundheitsgefährdung
nicht auszuschließen ist. Eine vom Landesumweltamt NRW im Jahr 2002
herausgegebene Studie
weist überdies darauf hin, dass unter toxikologischen Aspekten betrachtet die
Grenzwerte der PCB-Richtlinie deutlich zu hoch angesetzt sind.
In einem
Gebäude der Morgenstelle wurde im Juli 2005 eine Sanierung begonnen.
PCB-Gemische sind mit Dioxinen und Furanen verunreinigt. Einige PCB zählen aufgrund ihrer chemischen Struktur selbst zu den "dioxinähnlichen Substanzen". Es wird derzeit diskutiert, ob in Zukunft zur Bewertung einer PCB-Belastung auch ein Grenzwert für die Gesamtbelastung durch dioxinähnliche PCB, Dioxine und Furane herangezogen werden soll. Eine Messung der dioxinähnlichen PCB auf der Morgenstelle erfolgte (auf private Initiative!) im April 2002. Sie hat gezeigt, dass die Belastung durch dioxinähnliche Substanzen kritischer einzuschätzen ist als die PCB-Gesamtbelastung (bewertet nach der PCB-Richtlinie).
2,3,7,8-Tetrachlorodibenzo-p-dioxin | 2,3,7,8-Tetrachlorodibenzofuran | 3,3',4,4',5,5'-Hexachlorobiphenyl |
(Seveso-) Dioxin | Furan | PCB 169 |
Die Situation an der Universität Tübingen
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Info-Blatt (PDF 12 kB)
PCB-Rechner
Sie geben vor, welche Belastung durch PCB und Dioxine Sie bereit sind, sich täglich zuzumuten. Aus der PCB-Konzentration in der Luft Ihres Arbeitsraums schätzt der PCB-Rechner ab, nach welcher Aufenthaltszeit diese tolerierte Belastung erreicht ist.
Chronologie
Technische PCB-Gemische sind mit Dioxinen (PCDD) und Furanen (PCDF)
verunreinigt. Einige PCB zählen
aufgrund ihrer chemischen Struktur selbst zu den
"dioxinähnlichen Substanzen".
Bereits zwischen 1994 und 1996 wurden in
Gebäuden der Naturwissenschaftlichen Institute der Universität Tübingen
PCB/Dioxin-Messungen durchgeführt:
Im Rahmen seiner Doktorarbeit ("Nicht-,
mono- und di-ortho-chlorierte Biphenyle (PCB); Isomerenspezifische
Untersuchungen über Eintrag, Verbleib und Risikoabschätzung in der Umwelt")
untersuchte Herr
Behnisch (Arbeitsgruppe Prof. Hagenmaier) u.a. Raumluft und Fugenmassen auf
PCB (einschließlich dioxinähnlicher PCB) und Dioxine/Furane. Seine Messungen im
Chemischen Institut (Gebäude A) ergaben PCB-Gehalte (LAGA) zwischen 130 und
847 ng/m3. Die durchschnittliche Konzentration der
dioxinähnlichen PCB lag bei 2,6 pg TEQ/m3 und übertraf damit den
vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt (BGA) 1992 vorgeschlagenen Vorsorgewert von
0,5 pg I-TEQ/m3 (R.
Blessing) um das 5fache. Bei einem Expertengespräch im damaligen BgVV
(Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin,
früher: BGA=Bundesgesundheitsamt; heute: BfR=Bundesinstitut für Risikobewertung)
wurde der Vorschlag zurückgewiesen, die Bestimmung der dioxinähnlichen PCB auch
in Deutschland in die Routineanalytik aufzunehmen (Behnisch,
Alcock).
Im Juli 2001 wurden in zwei Arbeitsräumen des Gebäudes C auf der Morgenstelle PCB-Konzentrationen von 2160 bzw. 4010 ng/m3 gemessen. Es folgten Messungen in weiteren Räumen und die Untersuchung von Materialproben. Dabei stellte sich heraus, dass mehrere Universitätsgebäude (u.a. die Gebäude A, B, C, D, E und das Hörsaalzentrum auf der Morgenstelle) von diesem Problem betroffen sind. In den Gebäuden A, C und D wurden die Akustik-Deckenplatten als PCB-Quellen identifiziert (insgesamt 42000 m2, Angabe des Institut Dr. Jäger). Auch Dehnungs- und Anschlussfugen, Türzargen und Böden war PCB als Flammschutzmittel bzw. als Weichmacher zugefügt worden. Die Verwendung von PCB ist seit 1989 verboten, seit Ablauf einer Übergangsfrist im Jahr 1999 sind PCB-haltige Stoffe zu melden und als Sondermüll zu beseitigen.
Die PCB-Raumluft-Messwerte auf der Morgenstelle liegen unterhalb des Interventionswertes der Baden-Württembergischen PCB-Richtlinie von 9000 ng PCB/m3. Sanierungsmaßnahmen sind daher baurechtlich nicht vorgeschrieben. Die Messwerte liegen jedoch in vielen Räumen weit über dem Vorsorgewert, so dass längerfristig eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist. Eine vom Landesumweltamt NRW in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2002 Toxikologische Bewertung polychlorierter Biphenyle (PCB) bei inhalativer Aufnahme weist überdies darauf hin, dass unter toxikologischen Aspekten betrachtet die Raumluft-Grenzwerte der PCB-Richtlinie deutlich zu hoch angesetzt sind.
Nach Bekanntwerden der hohen PCB-Belastung im Gebäude C im Herbst 2001 erfolgte, auf private Initiative, eine Messung der dioxinähnlichen PCB in der Fakultätsbibliothek Physik durch das Umweltlabor ARGUK im März 2002. Das Ergebnis (11 pg PCB-TEQ/m3 bei 1303 ng PCB(LAGA)/m3) hat gezeigt, dass die Raumluft-Belastung durch dioxinähnliche Substanzen kritischer einzuschätzen ist als die Raumluft-Belastung durch (nicht-dioxinähnliche) PCB (bewertet nach der PCB-Richtlinie).
2003/2004 erfolgten Messungen durch die Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart. Raumluft, Materialproben und Staub in fünf öffentlichen Gebäuden in Baden-Württemberg (darunter das Gebäude C der Morgenstelle) wurden auf Standard-PCB, dioxinähnliche PCB und Dioxine/Furane untersucht. Der Untersuchungsbericht "Dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (PCB) und polychlorierte Dioxine/Furane (PCDD/F) im Innenraum - Modelluntersuchungen zum Einfluss PCB-belasteter Bauteile und Baustoffe auf die Innenraumluft in Abhängigkeit von baulichen Einrichtungen und klimatischen Randbedingungen" wurde von G. Volland et. al. im Jahr 2005 veröffentlicht. Die Autoren weisen darauf hin, dass in Baden-Württemberg eine Reihe von Hochschulgebäuden sofort geschlossen und saniert werden müsste, sollte der momentan diskutierte Gefahrenwert von 4,7 pg TEQ/m3 zur Bewertung PCB-belasteter Innenräume herangezogen werden.
Vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussion über eine Revision der
Richtwerte der PCB-Richtlinie unter Berücksichtigung der dioxinähnlichen PCB und
der Dioxine/Furane, gab das Umweltbundesamt bei der Gesellschaft für
Schadstoffuntersuchung und Sanierungsbegleitung (GfS), Münster, ein eigenes
Forschungsvorhaben in Auftrag: PCB-Untersuchungen
in Innenräumen, "Untersuchungen zur PCB-Belastung der Luft in Innenräumen
unter Einschluss der Verbindungen, für die toxisch besonders bedeutsame
TEQ-Werte ermittelt worden sind".
Es zeigte sich, dass die höchsten
TEQ-Werte in Gebäuden mit Clophen A60-haltigen Deckenplatten zu finden sind. In
diesen Räumen war auch der relative Anteil der Furan(PCDF)-Konzentration am
höchsten (18% des Gesamt-TEQ). Der Anteil der Dioxine (PCDD) am TEQ war
vernachlässigbar gering.
Informationen der Universitätsleitung
von Betroffenen in Auftrag gegebene Untersuchungen
Dioxinähnliche PCB auf der Morgenstelle: Messbericht, Bewertung, Briefwechsel
Mit einer PCB-Belastung ist oft auch eine Dioxin-Belastung verbunden. Grund: Einerseits sind Dioxine (PCDD) und Furane (PCDF) als Verunreinigungen in PCB-Gemischen enthalten, andererseits zählen einige PCB selbst zu den dioxinähnlichen Substanzen. Die Dioxin-Belastung kann durchaus das größere Übel sein.
Presseberichte
Wir haben eine Tabelle zusammengestellt, die die derzeit gültigen rechtlichen Grenzwerte, sowie die nach aktuellem Stand der Wisssenschaft tolerablen Grenzkonzentrationen zusammenfasst:
Tabelle: toxikologisch begründete Grenzwerte - momentan gültige Grenzwerte
- 1998 Assessment of the health risk of dioxins: re-evalutation of the Tolerable Daily Intake (TDI)
Aus LOAELs (Lowest Observed Adverse Effect Levels) von 14-37 pg TCDD (Seveso-Dioxin)/kg Körpergewicht/Tag wird bei Anwendung eines (Un-)Sicherheitsfaktors von nur 10 (!) ein TDI (Tolerable Daily Intake) von 1-4 pg TEQ/ kg KG/Tag abgeleitet.
Bei dieser Ableitung wird ein Resorptionsfaktor von 50% für die Dioxinaufnahme über die Nahrung angenommen. (Bei 100%iger Resorption wären LOAELs und TDI nur halb so groß. Dies muss bei Risikoabschätzungen bei Dioxinaufnahme über andere Aufnahmepfade (z.B. die Atmung) berücksichtigt werden; eigene Anmerkung)
In industrialisierten Länder nimmt ein Erwachsener über die Nahrung 2-6 pg TEQ/kg KG/Tag auf. Die Dioxin-Aufnahme von gestillten Kindern liegt 1-2 Größenordnungen höher. Ziel ist, die tägliche Aufnahme auf deutlich unter 1 pg TEQ/kg KG/Tag zu senken.
Zusammenfassung (deutsch)
UNEP (United Nations Environment Programme)
- 17.5.2004 Stockholmer Übereinkommen (215 kB)
Das Stockholmer Übereinkommen (POP-Konvention) über langlebige organische Schadstoffe regelt den Umgang mit zwölf der gefährlichsten Chemikalien (das "dreckige Dutzend"), darunter PCB und Dioxin.
Mehr...
- Weltweiter Abschied vom "Dreckigen Dutzend"
Umweltbundesamt begrüßt Inkrafttreten des Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe, Presseinformation des Umweltbundesamtes, 25.02.2004
- Erklärung des Bundesministeriums für Umweltschutz (BMU) zur POP-Konvention , 23.05.2001
- 06.02.2006 Empfehlung der Kommission zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln (2006/88/EG)
- 29.04.2004 Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über persistente organische Schadstoffe (Verordnung (EG) Nr. 850/2004)
- 17.11.2001 Strategie der Gemeinschaft für Dioxine, Furane und PCB (2001/C 322/02)
- 16.09.1996 Richtlinie des Rates über die Beseitigung Polychlorierter Biphenyle und Polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) (96/59/EG)
- 30.6.2000: PCB-Abfallverordnung in Kraft
"Ziel der Verordnung ist es, die noch in Gebrauch befindlichen PCB, deren Produktion und Verkauf seit langem verboten ist, aus dem Wirtschaftskreislauf auszuschleusen."
- Bundeskabinett verabschiedet PCB-Abfallverordnung
Pressemitteilung des Bundesministeriums für Umweltschutz, 10.11.1999- Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 557) Dioxine
TRK = Technische Richtkonzentration = 50 pg TEQ/m3
Artikel 5.3
"Wird ... die TRK nicht unterschritten, hat der Arbeitgeber ... geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. ... Geeignete persönliche Schutzausrüstungen sind u.a. Umgebungsluft unabhängige Atemschutz- oder Isoliergeräte, Atemschutz (P 3), Schutz vor Hautkontakt (Handschutz), Schutzkleidung. ... Ist die TRK nicht dauerhaft sicher eingehalten, so sind mindestens P 2-Masken, Handschuhe und Einwegkleidung zur Verfügung zu stellen...- September 1994 PCB-Richtlinie, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden
Die Richtlinie wurde von der Projektgruppe "Schadstoffe" der Fachkommission Baunormung der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (ARGEBAU) als technische Regel entsprechend den Erkenntnissen in Wissenschaft und Technik und in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Baupraxis erarbeitet.
Diese Richtlinie dient den Bundesländern als Grundlage für die Einführung einer entsprechenden Technischen Baubestimmung. Die ARGEBAU-Richtlinie selbst ist weder für die Länder noch für Gebäudeeigentümer bindend. Von den Bundesländern wurde die PCB-Richtlinie recht unterschiedlich umgesetzt. Abweichend von der ARGEBAU-Richtlinie wurden in Hessen und NRW z.T. strengere Handlungsmaßstäbe festgelegt. (nach G. Zwiener, Handbuch Gebäude-Schadstoffe).
- September 1994 Einführung technischer Baubestimmungen: PCB-Richtlinie (Auszug)
Die Abschnitte 1., 2., 3., 4.1, 4.2, 5. (ohne 5.3) und 6. der PCB-Richtlinie wurden baurechtlich eingeführt (nach Zwiener, Handbuch Gebäude-Schadstoffe). Zusätzlich gilt u.a.; Der Interventionswert von 3000 ng PCB/m3 gilt nur bei einer Aufenthaltsdauer von 24 Stunden. Bei kürzerer Aufenthaltdauer ist er entsprechend höher.
Weitere Länder und Organisationen
Vorwurf der EU-Kommission, Deutschland würde die EU-Vorschriften zur PCB-Entsorgung missachten
- 25.01.2001 Deutschland zum zweiten Mal von EU-Kommission angemahnt
Deutschland hat keine Bestandsaufnahmen von PCB-haltigen Geräten vorgelegt- 01.08.2001 Das Bundesumweltministerium weist den Vorwurf zurück Pressemitteilung des Bundesministerium für Umweltschutz
"EU-Klage gegen Deutschland unbegründet. PCB-Ausstieg in Deutschland fast vollständig abgeschlossen. ... .Bis auf eine werden sämtliche dieser Anlagen bis 2005 außer Betrieb gehen""- 16.06.2004 "PCB-Ausstieg in Deutschland fast abgeschlossen" Pressemitteilung des Bundesministerium für Umweltschutz
"In Deutschland ist der Ausstieg aus der Verwendung von PCBs, ... , bereits heute fast vollständig abgeschlossen. ... . In zwei Bundesländern werden noch insgesamt sechs Geräte mit Ausnahmegenehmigung betrieben."
URL:
http://www.tat.physik.uni-tuebingen.de/~pcb-info/index.html
AutorInnen:
Christine Herold (herold@tat.physik.uni-tuebingen.de), Ute Kraus
(ute.kraus@uni-tuebingen.de), Corvin Zahn
(corvin.zahn@uni-tuebingen.de)
Date: 2006-08-20